Vom (angeblichen) Ende des Campingbooms

Touringthemen, .... aber bitte nicht alles ernst nehmen hier!
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road-movie
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Vom (angeblichen) Ende des Campingbooms

Beitrag von road-movie »

"Platzt die Wohnmobil-Blase? Aus diesen Gründen wird der Camping-Boom bald enden"
https://www.nordbayern.de/freizeit-even ... 1.11949545

Der Nachsatz klingt ehrlich gesagt so seriös wie Bitcoinspam und der Artikel klingt auch eher mehr wie persönlicher Frust als Recherche ...
mugru
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Re: Vom (angeblichen) Ende des Campingbooms

Beitrag von mugru »

Ja, da ist einiger Frust rauszuhören. Da trifft die Idealvorstellung "ich bin ein freies Individuum" auf die Realität: Auch Camping ist Teil des Massentourismus.
Der Camping-Boom wird meiner Ansicht nach spätestens mit dem Ende der Verbrenner-PKWs und Diesel-WoMos abebben oder wirklich enden.
Geeignete Stromspeicher mit dem Energiedichte-Niveau von Diesel/Benzin/LPG sind weiterhin nicht in Sicht, um auch in Zukunft 500-800km pro Anreisetag mit dem Touring oder WoMo ohne längere E-Tankstopps (im Nirgendwo von Gewerbegebieten) zurückzulegen. Spätestens dann werden wir jedenfalls Camping im Ausland einstellen.
Beispiel mit E-Zugfahrzeug in eines unser bevorzugten Urlaubsländer, z.B. Finnland:
Für die 1000 km von hier zur Fähre nach Travemünde mit Touring am Haken in geschätzt drei Tagen (wenn's reicht?), dann ein-einhalb Tage Fähre und nochmals zwei/drei Tage Anfahrt in Finland; zurück nochmals das Gleiche - das erscheint mir nicht sinnvoll zur Urlaubserholung.
Gruß
Reinhard
Puck 230 GT, Bj. 2005 & VW T5
road-movie
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Re: Vom (angeblichen) Ende des Campingbooms

Beitrag von road-movie »

Es wird wohl nicht das Ende des Campings sein, aber wohl doch das Ende des Booms, da stimme ich auch zu.

Mal eine kleine Spekulation: Um unserer Autoindustrie in ein paar Jahren weiter a.d. Beine zu helfen, steigt die Verbrennersteuer für große Hubräume (Kanzler Habeck macht's dann möglich). Da man auch nicht mehr so leicht mit Verbrennern i.d. Innenstädte kommt, gibt es massig gebrauchte Firmenlieferwagen. Das führt zu einem kurzen Vanlife-Hype, weil man dann versucht sich mit ner Campingzulassung vor der Steuer zu retten. Da man dann eh schon ein kleines E-Auto für die Nichturlaubszeit hat, gibt es auch kleine Stinkerscham (und man hat einen "Ich fahre mit dem Bus/Rad/E-Auto vom Homeoffice zum Einkaufen"-Aufkleber drauf) :PM:
mozarella
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Re: Vom (angeblichen) Ende des Campingbooms

Beitrag von mozarella »

Das Thema Elektromobilität wird sich in Zukunft sowieso erledigen. Wieso komme ich zu dieser Meinung? Mit Strom wird es in Zukunft sowieso dünn. Atomausstieg. Gaskraft möchte man meiden wegen Beziehungen zu Russland. Kohlekraft soll auch abgeschafft werden, obwohl das noch letztes Jahr den meisten Ertrag brachte. Schon alleine dies macht das Stromnetz in Deutschland sehr instabil. Es gibt also ohne diese fossile Energie kaum garantierte Leistung im Netz. Windenergie und Photovoltaik stehen halt nicht zur Verfügung, wann immer es benötigt wird.
Hätte ich z. B. ein E-Auto, müßte es nachtsüber laden, weil es tabsüber nicht zuhause wäre. Photovoltaik fällt daher aus. Windenergie ist auch nicht so ertragreich.

Meiner Meinung nach wird das Thema Elektromobilität demnächst kippen, spätestens wenn es mehr Elektrofahrzeuge und somit mehr Strombedarf gibt, den es nicht zu decken gilt.

Ein "gesunder" Mix wäre optimal. Für Kurzstrecken Elektromobilität. Wer Kurzstrecken fährt und auch mal etwas weiter fährt könnte z. B. auf Hybrid oder kleinen Benzinmotor setzen. Wer Kraft und Ausdauer für Langstrecken benötigt: Diesel.

Nochmal ein anderes Beispiel. Mein 12 Jahre alter Euro 4 Alfa-Diesel Kombi (1,9 Liter Hubraum, 150 PS, 320 nm Drehmoment, Verbrauch 6,6 Liter auf 100 km) mußte weichen weil zu klein geworden. War dank VW natürlich nix mehr wert. Jetzt ganz neu (also 3 Jahre alt bisher, neu gekauft) der Citroen 3-Zylinder direkteinspritzender Turbo-Benziner im Van. 1,2 Liter Hubraum, 130 PS, 230 nm Drehmoment. Angegeben ist er mit 5 Litern Benzin auf 100 km, errechnet liege ich bei 8 Litern.
Die 6,6 Liter beim Diesel und die 8 Liter beim Benziner spiegeln mein Fahrprofil wieder. Berechnet mit Tankfüllung Liter x und gefahrene km y. Beim Diesel ist selbstverständlich die DPF-Reinigung mittels Nacheinspritzung mit dabei (verbraucht ja auch Diesel) und beim Benziner immer mal wieder eine Stunde Leerlauf wegen Firmware- oder Karten-Update.
Der Diesel wird schlecht geredet, obwohl er weit aus weniger Sprit pro 100 km verbraucht bei wesentlich mehr Leistung bietet.

Weder Camping wird verschwinden noch die Verbrenner. Das Stromnetz hat schon ohne Elektromobilität sehr große Probleme in naher Zukunft.
Dann noch die gewaltigen Mengen an Strom, die die Elektromobilität flächendeckend benötigen würde. Wo wird das produziert? Und wie transportiert?
Wenn man sieht, wie langsam die Digitalisierung in Deutschland verläuft, Corona hat wieder mal gezeigt, wo es überall Defizite gibt, dann ist mit einer flächendeckenden Stromversorgung für Elektromobilität schätzungsweise im Jahr 2300 zu rechnen. Wenn man sich nicht immer selbst im Weg steht oder die Grünen alles verhindern wollen (grünen Strom haben wollen, aber nicht transportieren).
Solange es noch Erdöl gibt, wird es Verbrenner geben, davon bin ich fest überzeugt. Die Öl-Lobby wird schon dafür sorgen.

Und ein 1300 kg Caravan (das ist ja eher etwas Leichtes) hinter einem Elektroauto? Wie soll das gehen? Mein Alfa Diesel 12 Jahre alt hatte Reichweite von 1000 bis 1200 km alleine ohne Anhänger. Das ist mal ein Richtwert für Elektromobilität. Und er ist im 12. Jahr noch gefahren wie im ersten Jahr. Volle Leistung und volle Reichweite. Wie wird das bei Elektromobilität in 12 Jahren?
Roman
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Re: Vom (angeblichen) Ende des Campingbooms

Beitrag von Roman »

mugru hat geschrieben: 22.03.2022, 19:25 ...., dann ein-einhalb Tage Fähre und nochmals zwei/drei Tage Anfahrt in Finland; ...
Falls es die noch gibt. Wenn man nicht mehr mit fossilen Brennstoffen Autofahren darf, warum sollten dann Autos auf Fähren mit Schweröl transportiert werden?

Weil ich gerade blöd im Bett herumgelegen habe wegen Corona und mich auf die Albanienreise vorbereiten oder wenigstens einstellen wollte, habe ich Dokus über das Land geguckt. Dabei scheint es klargeworden zu sein, dass man in diese Berge ohne Allrad und der Fähigkeit, damit auf entsprechender Strecke auch zu fahren, nicht in dieses Gebirge kommt. Es gibt entsprechende Busse, die einen dorthinbringen. In manche Gegenden noch nichtmal damit, sondern ausschließlich mit dem Boot. Vor Ort lebt man in Hostels und wird lecker bekocht. Heißt, es gibt ein Reisen ohne Wohnwagen.
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yoho
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Re: Vom (angeblichen) Ende des Campingbooms

Beitrag von yoho »

Wir waren im Herbst 2021 das letzte Mal mit dem Gespann unterwegs. Es war gutes Wetter, es war Wochenende und das Ziel lag noch dazu in der Niederlanden.
Aber von "weiße Wand an weiße Wand" kann ich nicht berichten.
Deventer Stadscamping.jpg
Außerdem: wir nutzen den Touring hauptsächlich, um dort zu schlafen. Tagsüber sind wir unterwegs. Bei entsprechend attraktiven Wander- oder Fahrradtour-Zielen könnte ich sogar ab und an mal ein "Wand an Wand" ertragen.
Ein einsamer Wanderparkplatz ist natürlich schöner. Keine Frage. Aber eigentlich ist das immer nur so halblegal, weil wir nicht unbedingt nach einer Nacht weiter fahren. Da greift dann der Oldtimerrabatt. Die Leute finden das Gespann "niedlich" und lassen uns in Ruhe. Wir stellen uns aber auch immer ins hinterste Eckchen und bleiben dort meist auch ohne weitere Camper-Gesellschaft.
Die Wanderer parken hingegen gerne ganz vorne auf den Wanderparkplätzen, damit sie es bis zum ersten Wegweiser nicht so weit haben. :wink:
Roman
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Re: Vom (angeblichen) Ende des Campingbooms

Beitrag von Roman »

Vielleicht lag es ja an Corona, aber in Norwegen standen zwar viele weiße Wände (die der Norweger), aber mit viel Platz dazwischen. In Bosnien keine weißen Wände, in Montenegro auch nicht. Ich glaube kaum, dass die Hunderte von Municipal im Landesinnere zugestellt sind.

Die Enttäuschung wird bei der Fraktion groß sein, die gewohnt ist, sich das schnelle Glück einfach zu kaufen. Ein bisschen muss man sich das Campen erarbeiten und die Nischen finden.
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robertb
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Re: Vom (angeblichen) Ende des Campingbooms

Beitrag von robertb »

Roman, in Norwegen ist es Gesetzlich angesagt das zwischen zwei Campingeinheiten 3 meter Zwischenraum sein soll. Die Campingplaeze die es ernst meinen geben auch bescheid das mann zu nahe stett. Die bekommen sonst Erger mit die Feuerwehrbehoerde.
Eriba Triton 420 mit Dacia Duster, diesel, 4x4
Roman
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Re: Vom (angeblichen) Ende des Campingbooms

Beitrag von Roman »

Ist eine sinnvolle Regel, die könnte von uns übernommen werden. Die meisten Camper hatten allerdings 10, 20, 30 Meter Abstand gelassen. Es war auch so viel Platz da.

Es kann aber auch mit der Mentalität der Norweger zu tun haben. Die Dörfer sind eher wie Streusiedlungen angelegt, extrem weitläufig mit viel Platz zum Nachbarn. In Mittel- und Südeuropa kleben die Häuser in den Dörfern oft extrem eng zusammen. Man könnte sagen, es gibt nicht so viel Platz wie im Norden, aber im Mittelalter wird es im Süden auch nicht dichter besiedelt gewesen sein.
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