Wie ich zum Touring kam.... von Achim Klein

..... ganz genau hat die Liebe zum Touring damit angefangen, daß ich es eben nicht mehr so genau weiß. Das muß wohl eher so wie früher gelaufen sein, als mich meine große Liebe traf: Ein Blick- und das Herz stockte! Hoppla, was war das denn? Ist ja was ganz Neues! Fortan begegnete man sich per Zufall öfter auf der Straße, mit zunehmendem wohligen, irritiertem Gefühl und erhöhtem Herzschlag..... noch mal rumdrehen und sehnsüchtig nachschauen..... Seufz.

Die Jahre vergingen und Anfang der Achtziger wurde ich durch Freunde mit einem VW -Virus infiziert. Da wurde an Käfern, Bullis und Kübelwagen geschraubt und geschweißt. Also mußte ein VW her. Ein Käfer war zu klein, ein Bus war zu groß. Es mußte was dazwischen sein. So wurde ich bei der guten alten Post fündig. Die hatten sich in den Sechzigern kleine Postautos, nicht größer als ein Käfer, aber kleiner als ein Bulli, von VW und Westfalia bauen lassen. Einen VW-Fridolin mit Schiebetüren.
So einer mußte es sein. Also, Fridolin gesucht und einen von Bj. 68 gefunden. Dieser Fridolin wurde restauriert, gehegt und gepflegt. Auch eine Anhängerkupplung wurde angebaut.

Haken dran und ......... nix zum Anhängen. Da wir Campingfreaks sind, war schnell klar, daß auch zu diesem urigen Wagen ein uriger Wohnwagen her mußte. Als erstes wurde ein Walker Faltwohnanhänger, mittlerweile auch schon 16 Jahre alt, von einem Freund für die große Dänemarkreise ausgeliehen. Wir erfreuten uns über das große Platzangebot, den so ein Faltanhänger hat. Denn aufgeklappt war er genau so groß wie ein Hauszelt. Zusammengeklappt nahm er wenig Platz ein. Die Freude verging uns sofort nach kurzer Zeit, als es nachts fürchterlich regnete und stürmte. Alles wackelte und irgendwo tropfte das Wasser durch die Decke.
An Nachtruhe war überhaupt nicht zu denken. Wie saßen im Bett und hielten das Gestänge fest.

Ergebnis: So ein fahrbares Hauszelt kommt nicht in Frage.

Weiter ging die Suche nach einem festen Dach überm Kopf. Einige Zeit später sah ich einen kleinen Wohnwagen abgemeldet auf einer Garagenauffahrt stehen. Es war ein Dethleffs Camper Bj. 64. Sofort wurde am Haus angeschellt und nach dem Wohnwagen gefragt. Eine alte Dame öffnete mir und wir kamen ins Gespräch. Sie hatte das Campen und das Autofahren vor vier Jahren aufgegeben, und seitdem steht er dort und keiner aus der Familie wollte ihn haben. Ja man drängte sie sogar, den Camper zu Entsorgen. All meinen Scharm und den treuesten Hundeblick legte ich der alten Dame zu Füßen. Mit dem Ergebnis hatte ich aber nicht gerechnet. Sie sah meinen alten VW und war mit mir der gleichen Meinung, daß der VW-Fridolin und der Dethleffs-Camper ein gutes Gespann wären. Ich bekam den Camper von ihr geschenkt. Voller Stolz kam ich dann überraschend mit dem Dethleffs-Camper zu Hause an.
Mein Gesicht strahlte voller Glück ...................... nur das von meiner Frau Heike nicht.


Dethleffs Camper hinterm VW Fridolin
Alle Überredungskünste und Versprechungen, auch das Probeliegen im Dethleffs-Camper nützte nichts. Mit dieser Nußschale von Wohnwagen kann ich alleine Camping machen, war ihre Antwort. Sie möchte einen richtigen Wohnwagen mit festem Dach und Wänden, nicht so einen, wo man das Dach erst hochschieben muß und dann doch teilweise wieder ein Zelt zum Vorscheinen kommt. .......
Autsch, das saß .......
Und auf den Touring bezogen, blickte ich vor ein paar Jahren genauso wieder hin: Ach, die sehnsüchtigen Blicke meiner Jugend, da waren sie wieder. Nur intensiver. Was ist das für ein Wohnwagen und von welchem Hersteller? Der Zufall kam mir zu Hilfe, als ein Mitglied des Camping Oldie Club meinen alten VW mit Anhängerkupplung sah. Sofort wurde nachgefragt, ob oder welchen Wohnwagen ich denn hätte. Ich erzählte ihm von meinem Jugendtraum und wurde über den Wohnwagen namens Eriba-Touring aufgeklärt. In Kürze würde ein Camping Oldie Treffen stattfinden, und ich sollte doch mal vorbeischauen. Dort sind auch Tourings vertreten, sagte er.

......Gesagt, getan. Alle Tourings wurden inspiziert, Probesitzen und Infoaustausch waren inklusive. Das ist er, so einer sollte es sein. Dach, Wände, Gewicht und Größe entsprachen den Vorstellungen. Sogar Heike war über den Touring entzückt und stimmte zu. Die Lebenserfahrung hatte mich inzwischen auch gelehrt: Der stärkste Antrieb sitzt im Menschen, wenn er entdeckt, daß er was bestimmtes haben will. Also studierte ich sämtliche Zeitungen und Fachzeitschriften und machte sogar Jagt auf Tourings. Sogar der obligatorische "Hubdach-Touring-Erkennungsblick" stellte sich ein. Sobald man einen entdeckte, wurde ein Zettel angeheftet, aber keiner wollte ihn abgeben. Außerdem hatte ich inzwischen mitbekommen, daß neben der Größe, dem Gewicht, die Tourings eine sehr gute Laufeigenschaft hinterm Wagen haben, und deshalb auch gerne genommen werden. Mir war sofort klar, daß Scharm, Dackelblick und Überredungskünste bei Touringbesitzern nichts bewirken, um an deren Touring zu kommen. Die Zeit verging und die trübe, nasse Jahreszeit brach an.

Doch eines Tages erblickte ich vom Auto aus einen Touring, der hinter einem Haus stand. Er war durch die kahlen Äste der Bäume gut von der Straße aus zu erkennen. Sofort fiel mir auf, daß dieser Touring seit langem nicht mehr genutzt wird. Das Dach war grün überwuchert und der Rest war auch nicht mehr so sauber. Sofort wurde der Touring von mir umkreist wie ein Indianer das Lagerfeuer. Ergebnis: er war komplett, nichts fehlte, sogar die Inneneinrichtung war vollständig, was man so durchs Fenster sehen konnte. Spitze Rücklichter, 10 Zoll Räder, keine Auflaufbremse. Das Typenschild war auch da wo es hingehört. Gierig las ich die Daten ab: Faun Luxus, Bj: 61, Leergewicht 370 Kg, zul. gesamt Gewicht 600Kg. Leergewicht 370 KG?!

Der Faun startklar für den Standortwechsel

Das war's, nur dreißig Kilo Zuladung. Wie schnell sind die Kilos drauf, denn der VW durfte nur 400Kg ungebremst ziehen. In meiner Wut verfluchte ich den TÜV und alle, die was damit zu tun haben. - Egal- den wollte ich, ich wußte es, das war er, mein Touring! Für den Rest der Sachen muß halt der VW-Fridolin herhalten. Mit dem Eigentümer wurde ich schnell einig. Sogar ein originales Eriba-Touring Vorzelt ( orange/blau) war noch vorhanden. Es muß aber viel am Touring gemacht werden, war seine Antwort. Das war mir klar, und so ging er für 200 DM in meinem Besitz über.


Grünspan überall wo man sieht Neuer Rahmen eingeschweißt

Es folgten 20 Monate der Restauration. Angefangen vom Entfernen der Außenhaut, biegen und einschweißen eines kompletten neuen Rundrohrrahmens
(die Touringbesitzer, die es hinter sich haben, wissen wovon ich rede), bishin zum neuen Lack, neuen Leisten und Keder. Danach Gas- und HU Vollabnahme, alles ohne Probleme überstanden.

Frisch lackiert in Taxi beige

Irgendwie bin ich über einem Eriba Händler an Jürgens Adresse gekommen, und so ging die erste Tour im Mai 1994 als Neulinge zum Eriba-Touring-Treffen nach Kalletal-Varenholz, wo wir mit dem VW liegengeblieben (dreckigen Sprit getankt) und erst gegen Abend angekommen sind. Danach hatte ich einen Filter in der Spritleitung drin. Im Juni 1995 ging es für eine Woche zum Bodensee um zu testen, was man noch alles für die große Italienreise benötigt. Es hatte nur geregnet und es war kalt. Heike ertrug es dennoch tapfer, denn einen Monat später ging es in die Sonne, zum Lago Maggiore.

So sah man uns auf den Fahrten

Aus Sicherheitsgründen mit dem Kadett und nicht mit dem alten VW. Irgendwann, nach elf Jahren VW Virus, wurde ich davon erlöst und der VW wurde verkauft. Nach einigen weiteren Wochenend- und Urlaubstrips in den folgenden Jahren, kamen wir immer wieder zu der Feststellung, daß der Wohnwagen doch zu klein ist, und eine Heizung haben sollte. Provisorisch wurde ab und zu mal der Elektrolüfter angestellt. Ich weiß bis heute noch nicht, was das "LUXUS" beim Faun bedeuten sollte. Das alte mürbe und ausgeblichene Vorzelt hatte seinen letzten großen Auftritt im Juni 98 an der Nordsee.
Dort standen wir auf dem Campingplatz direkt am Wasser und die Windböen gaben ihr bestes. Vorzelt eingepackt und nun saßen wir auf unsere, als Bett umgebaute Sitzecke, ohne Tisch und Lehne für den Rest der letzten zwei Urlaubstage. Das war wieder was für Heike. Mit dem Eriba ohne Heizung, der fehlenden Sitzgelegenheit, und vor allem mit dem "ollen Zelt" macht sie keine Tour mehr mit. Ich konnte sie dennoch zu einem anderen Zelt für unseren Faun überreden.
Durch Zufall fand ich an der Pinwand in einem Baumarkt eine Anzeige über einen Eriba mit Hubdach, Bj. 80, mit TÜV, Reifen, Heizung, Winter- und Sommerzelt (alles im neuen Zustand), sogar mit Erker u.v.m. für VB 4.000 DM?!
Heike war sofort Feuer und Flamme. Sie dachte nur ans neue Zelt und an die Heizung. Der Rest wird weiterverkauft. Ich redete ihr ein, für den Preis wird es wohl ein Puck sein. Da paßt nichts an den Faun. Sie drängelte trotzdem, daß ich anrufen solle, um zu wissen, was für ein Eriba es ist. Der Besitzer, ein älterer Herr so um die siebzig, wollte ihn aus gesundheitlichen Gründen abgeben, und beschrieb uns den Touring in all seinen Einzelheiten. Als er es ausgesprochen hatte, daß es sich um einen Triton BS handelt, stockte unser Herz und der Puls wurde schneller. Ein Touring mit Bugsitze und das noch im gleichen Ort in unsere Nähe. Sofort wurde ein Termin vereinbart. Vorher wurde noch Jürgen Otte angerufen, damit er uns die Schwachstellen bei den 80`ern Modellen sagen konnte, und worauf wir besonders achten sollten.
Als er den Preis hörte, dachte ich im Augenblick, er wäre auf der Frankfurter Börse. Ich hörte ihn durchs Telefon sagen- kaufen! kaufen!


Das letzte Foto vom Faun ( links ) mit dem neuen Triton

Das war die Wende in unserer kurzen Touringzeit, und für den Faun kam der Abschied. Er wurde verkauft und wird nun wieder von einem Oldtimer, einer Mercedes Benz Heckflosse gezogen.
Das war ich ihm schuldig.
Und Heike - diesmal strahlte ihr Gesicht vor Glück.

ENDE
Achim Klein [ETC 86]