Abflug mit dem
Troll
von
Rolf Büllesfeld
Als ich 1985 zum ersten Mal mit meinem gerade erworbenen Troll O Richtung
Bretagne düste, wusste ich nicht, dass Erich Bachem ein ehemaliger Flugzeugkonstrukteur
war, doch bald sollte ich feststellen, dass mein Troll fliegen kann.
Aber alles der Reihe nach.
Zum neuen Troll war ich gekommen wie die sprichwörtliche Mutter zum
dem Kind einer Liebe auf dem ersten Blick. Noch wenige Tage vor dem
Kauf hatte ich mich nicht im Entferntesten für Wohnwagen interessiert.
Stattdessen waren wir mit Dachzelt und Geländewagen durch Afrika gedüst,
waren mit Rucksack unterwegs oder mit einem kleinen Zelt. Eigentlich
wollte ich nur bei einem Campinghändler irgendetwas kaufen. Heute weiß
ich nicht mehr, was ich damals suchte. Auf dem Gelände des Campinghändlers
sahen wir den Troll. Irgendwie machte er uns sofort neugierig. Wie sich
später herausstellte, hatte er schon einige Jahre auf dem Buckel und
viele Länder gesehen. Für uns war er im Vergleich zu den anderen Wohnwagen,
die auf dem Gelände des Campinghändlers standen, ein Winzling. Um so
überraschter waren wir vom Wohnraum. Er hatte außer einem Klo eigentlich
alles, was man zum Leben braucht. Und ein Klo, so dachten wir, bräuchten
wir uns nicht unbedingt auch noch an den Haken zu hängen. Es war ein
spontaner Entschluss. Wir kauften den Troll, zumal uns der Händler die
Vorzüge des Eriba Touring genau erklärte. Uns gefiel vor allen Dingen,
dass er irgendwie anders war. Und weil wir von Wohnwagen keine Ahnung
hatten, glaubten wir damals noch, dass wohl kein Wohnwagen so komfortabel
sei wie unser neuer Troll. Nun gut, der Troll war ruckzuck angemeldet
und nun nahmen wir ihn zum ersten Mal an den Haken unseres wüstenerfahrenen
Toyota Landcruiser BJ 42.
Der
Landcruiser hatte natürlich keine Mühe mit dem Troll, sein dreieinhalbliter
starker Diesel stemmte ihn wie nichts weg. Zu Hause richteten wir den
Troll mit allem Notwendigen für die erste Reise ein. Irgendwie hatte
ich den Campinghändler noch im Ohr, wie er sagte, dass „man mit dem
Ding“ locker hundertvierzig fahren kann, was unser Landcruiser allerdings
wegen seiner kurzen Getriebe - übersetzung ohnehin nicht schaffte. Aber
hundertdreißig, das war machbar. Und so scheuchte ich den Landcruiser
samt Troll über größtenteil kleine Nebenstraßen Richtung Bretagne. Von
richtiger Ladetechnik oder von caravanspezifischem Fahrverhalten hatte
ich noch nie etwas gehört. Und irgendwie lief es prima. Schon nach wenigen
Kilometern hatte ich das Gefühl, schon immer mit diesem Troll am Haken
unterwegs gewesen zu sein. Stutzig machte mich auch nicht, dass der
Troll auf schlechten Landstraßen ein Geräusch machte, dass mich an landende
Flugzeuge erinnerte, wenn sie gerade mit den Reifen den Boden berührten
und quietschend aufsetzten. Auf einer besonders schlechten Straße konnte
ich durch ausgiebiges Beobachten im Rückspiegel erkennen, dass der Troll
tatsächlich abhob und das quietschende Geräusch etwas damit zu tun hatte,
dass der Troll nach jedem Abheben bei starken Bodenwellen oder Schlaglöchern
auch wieder landete. Da er sich aber ansonsten vorzüglich verhielt,
beunruhigte mich das keineswegs, zumal mir klar war, dass die brettharte
Federung des Landcruisers das Abheben des Trolls begünstigte. Doch ich
war überzeugt, dass erstens der Landcruiser und zweitens der Troll keinen
Schaden nehmen würden. Was ich aber nicht bedachte war die Tatsache,
dass der Landcruiser durch seinen kurzen Radstand in Verbindung mit
einer nicht vorhandenen Straßenlage über kurz oder lang aus der Bahn
gebracht würde. Und das passierte an einer steileren Bergabpassage auf
einer Autobahn nicht unweit eines Schildes, dass, aus dem Französischen
übersetzt nichts anderes bedeutete als „Vorsicht Wohnwagenfahrer! Langsam
fahren!“. Zunächst dachte ich, ich hätte einen Platten. Der Landcruiser
schaukelte plötzlich extrem hin und her, ein Blick in den Rückspiegel
gab mir Gewissheit: Der Troll hob nicht ab oder landete gerade. Nein,
er tanzte! Und dieser Tanz verschlug mir für Sekundenbruchteile dem
Atem. Instinktiv tat ich das Richtige, ich bremste beherzt ab. Tatsächlich,
das Gespann beruhigte sich wieder. Dafür war nun Bewegung in meinem
ganzen Körper. Ich zitterte, der Schweiß lief mir von der Stirn. Der
nächste Rastplatz war nicht weit und ich fuhr ihn an, um zunächst einmal
das Gespann zu begutachten. Meine Frau hatte die Fassung ebenfalls wieder
gefunden und fragte mich, ob ich denn das Schild „Ralentissez“ nicht
gesehen hätte. Natürlich hatte ich das Schild gesehen, doch damals dachte
ich wirklich, dass mit dieser Warnung nur Wohnwagengespanne gemeint
sein könnten, die ich damals nun selbst als Gespannfahrer erstmals irgendwie
wahrnahm, nämlich diese komischen Kisten, die genau so hoch wie breit
waren und deren Außenwände irgendwie an den Möbeln angenagelt wurden.
Hochmut kommt ja bekanntlich vor dem Fall. Für uns war es Gott sei Dank
kein Fall, aber eine wichtige Erfahrung. Aus Erfahrung wird man ja bekanntlich
klug. Und im Laufe der Zeit habe ich vieles buchstäblich erfahren und
viel gelernt. Heute schmunzle ich über diese wilde Tour mit dem Troll,
schon längst fahre ich viel entspannter, muss nicht mehr anderen Gespannfahrern
zeigen, dass man mit einem Touring sowieso schneller unterwegs ist.
Aber ganz ehrlich, es juckt mich noch immer ein wenig....
Nach dem Troll kam ein gebrauchter Pan, weil wir dachten, dass er groß
genug sei für zwei. Doch irgendwie fehlte uns vorne die Sitzgruppe,
so dass wir uns nach dem Pan einen neuen Triton BS kauften. Und nun,
nach fünfzehn Jahren Touring, haben wir uns einen nagelneuen Troll bestellt.
Auf den freuen wir uns riesig. Zum ersten Mal werden wir einen Klo-Touring
haben. Man wird eben älter und bequemer. Wir hoffen, dass wir mit dem
neuen Glück haben werden und wären froh, wenn er annähernd die Qualität
unserer Vorgänger erreichen würde. Fünfzehn Jahre sind wir mit unseren
Touring immer pannen- und unfallfrei unterwegs gewesen, viele schöne
Erinnerungen sind damit verbunden. Vielleicht werde ich einmal mit dem
Neuen nach Afrika fahren, doch vorher haben wir uns schon ein paar nette
Tingeltouren mit unserem Klo-Troll ausgemalt. Vor allen Dingen werden
wir unser Lieblingsland Frankreich etwas ausgiebiger abseits der üblichen
Touristenpfade bereisen. Doch eines ist klar: Mit dem Troll werden wir
überall zu Hause sein.
Rolf Büllesfeld - M-Nr. 137